Die US-Amerikanerin Angélica Garcia aus L.A. offenbart sich auf ihrem dritten Album immer mehr als spirituelle wie innovative Stimme im stark erweiterten Pop.
von Michael Thieme
Nach „Medicine For Birds“ (2016) und „Cha Cha Palace“ (2020) artikuliert sich Angélica Garcia nun fast ausschließlich in Spanisch – eine Sprache, dessen Feinheiten sie sich nach ihrer Rückkehr nach L.A. erst wieder aneignen musste, nachdem sie als Teenager ihrer heimischen Community entrissen wurde und nach Virginia zog. „Gemelo“ bedeutet Zwilling in Spanisch – auf dem Album steht der Begriff für diverse Dualitäten, zum Beispiel der zwischen Geist und Körper. Garcia, die 2019 einen heftigen Popularitätsschub bekam durch Barack Obamas Schwäche für ihren Song „Jicama“, schafft auf „Gemelo“ den Brückenschlag zwischen ihrem persönlichen wie kulturellen musikalischen Erbe und innovativen Popsounds, die man Hyper- oder Hybrid-Pop nennen mag. Unfassbar viel geschieht in Stücken wie der Vorabsingle „Juanita“ zum Beispiel, ohne dass das Stück an Überfrachtung erstickt oder etwas verliert von seiner angespannten Melancholie.
Von Cumbia zum Elektropop – Angélica Garcia fesselt vielfältig
Reine Traditionalisten werden bei dieser Platte nicht gleich glücklich, sofern sie wenig Sinn für Entwicklungen mitbringen – alle anderen dürfen sich über eine Platte freuen, die spirituell verzahnt ist mit Werken von z.B. Kate Bush, Björk und vor allem Rosalía. Man höre nur mal die beiden Kracher „Y Grito“ und „El Que“ hintereinander und staune. „Spanish, it’s just very romantic. And Latino music always hits hard at parties“ gibt die Künstlerin der LA Times hier zu Protokoll. Wie wahr. Knaller-Album.
„Gemelo“ von Angélica Garcia erscheint am 19.07.2024 bei Partisan Records. (Beitragsbild von Alvin Chua)